„Verweile doch, du bist so schön“ – Schauwerbegestaltung als visuelles Marketing
Das Wichtigste in Kürze
Visual Merchandising beim Mode-Haus Ludwig Beck in München
Die Ausbildung zum Gestalter für Visuelles Marketing
Ausbildungsbetriebe in München
B.A. in Retail Design an der Hochschule Düsseldorf
Die Architekten von Plajer & Franz als Gestalter der Sport- und Lifestyle Premiummarke PUMA
Die private JAK-Akademie Hamburg
Das Einkommen - ein Vergleich der unterschiedlichen Wege
“Point of Sale” im Louis Vuitton Shop im KaDeWe - Ausbildung zum Gestalter für visuelles Marketing. Foto: Uwe Kästner
In den Shops der Luxuslabels werden Waren nicht mehr nur präsentiert. Einzelstücke werden künstlerisch und kreativ inszeniert. Die Verkaufsfläche wird zur Bühne für Kunst und Geschichten - als integraler Bestandteil des Branding. Mit diesen Geschichten erzeugen die Marken nicht nur Aufmerksamkeit. Sie wollen den Kunden in ihre Welten entführen und emotional berühren. Mit der Installation “Du bist Faust“ wurde vom Luxus-Kaufhaus Ludwig Beck gemeinsam mit dem Bühnenbildner Philipp Fürhofer (40) eine aufwändige Spiegelinszenierung zu Goethes Drama geschaffen, bei dem der Kunde selbst Teil des Kunstwerks wird: Schaufensterfiguren, Betrachter, Passanten und das Umfeld des Marienplatzes lassen in der Phantasie etwas völlig Neues entstehen - frei nach Goethes Faust: „Verweile doch, du bist so schön.“
Auch wenn sich Menschen gerne in einem vertrauten Umfeld bewegen, so suchen sie doch zugleich nach Überraschung und Faszination. Visual Merchandising heißt das neue Zauberwort. „Der konsumfreudige Kunde wird in das Geschäft hineingezogen und begegnet am „Point of Sale“ einer ganz besonderen Auswahl an edlen Marken“, sagt Andrea Weber, Bereichsleiterin Store Kommunikation beim Traditionshaus Ludwig Beck am Rathauseck - Textilhaus Feldmeier AG – einem Anziehungspunkt für Touristen am Münchener Marienplatz. Ein erster Überblick über das Sortiment und ergänzende Accessoires sollen so vermittelt werden. „Unsere Gestalter für visuelles Marketing sehen den Verkaufsraum mit den Augen des Kunden“, erklärt die Creative Art Directorin: „Wo braucht er Orientierung, wo Inspiration? Sie sind einfühlsame Psychologen für eine Kundenseele, die sich von hohen Ansprüchen leiten lässt.“
Weber leitet zwei Teams:
- Das Visuelle Marketing mit zehn Gestaltern und
- Visual Merchandising mit vier Mitarbeitern, davon eine VM-Koordinatorin.
„In den einzelnen Verkaufsteams haben wir außerdem immer 1 – 2 VM - Beauftragte, die den Kontakt zum Team VM halten und so neben dem Verkauf Erfahrungen im gestalterischen Bereich sammeln.“ Recycelte, alte Fahrradfelgen oder scheinbar nutzlose Wellbleche sorgen in den Schaufenstern von Ludwig Beck als Warenträger für eine Neuinszenierung der Mode. Mit solchen Eindrücken wird das Tempo der Straßenpassanten abgebremst. Sie stimmen den kauflustigen Kunden auf die Einkaufserfahrung ein.
Hat der Beruf Zukunft? Um dem Online-Handel zu begegnen, steigen die Investitionen in erlebnisreiche Einkaufswelten. Das Ziel: Ungeplante Impulskäufe auf der Fläche. Warum läuft der Kunde im Kreis von links nach rechts? Und warum wechseln helles und kaltes Licht? Nichts ist im Visual Merchandising dem Zufall überlassen. Jeans für junge Kunden müssen einfach lässiger hängen. Am Haken. Oder in einer Schlaufe. Möglichst mit einem Knoten im Bein. Mode für ältere Zielgruppen wird dagegen liegend – nach Farbgruppen sortiert – im Warenpräsenter angeboten. „Der Trend geht dahin, dass man den Kunden zirkulieren und flanieren lässt. Sie sollen stöbern und entdecken können und die Zeit vergessen“, so Weber: „Spannungs- und Emotionspunkte wechseln sich wellenförmig mit Ruhezonen ab. Business, Trend, Sportswear und Wäsche: Für einen edlen, erlesenen Touch dieser Aufteilung sorgen in der Menswear-Oase von Beck helle Eichenhölzer, Lamellentrennwände oder mit Marmor ausgekleidete Durchgänge. Damit Mann den Weg ins Untergeschoss findet, fungiert ein Concept-Store als Fokuspunkt. Und cremefarbene Golfschläger in einem versilberten Champagner-Kübel dienen als Leuchtturm für den Polo-Shop.
„Ludwig Beck bietet auch in diesem Jahr wieder zwei Ausbildungsplätze zum Gestalter für visuelles Marketing an“, sagt Iulia Glagla, stv. Personalleiterin und LMU-Absolventin in Psychologie: „Wir rechnen mit 200 - 300 Bewerbern. Schnupperpraktika sind in diesem Bereich jedoch eher selten. Aber wir stellen FOS-Praktikanten für ein halbes Jahr ein.“ Kathrin Maier (52) ist seit 2008 Teamleiterin visuelle Dekoration: „Die Schaufenster von Ludwig Beck haben als Visitenkarte schon zu meiner Kindheit für Gesprächsstoff gesorgt.“ Die Arbeiten sind sehr handwerklich. Es wird gesägt, geschraubt und genagelt. Ein wenig tapezieren, malern und mit Farben und dem Computer umgehen können, das wird erwartet. „Wir beginnen um neun Uhr, das erste was wir machen, wir entstauben die Dekoration“, sagt Kathrin Maier. Sie wählt ihre Worte sorgfältig und ist sich der Wirkung bewusst. Mindestens vier Mal im Jahr wird mit einem Deko-Team von zehn Leuten alles in Szene gesetzt.
Visual Merchandising bei Polo Ralph Lauren im Modehaus Ludwig Beck in München. Foto: Uwe Kästner
„Die Personalabteilung sortiert bei den Ausbildungsplatzbewerbern vorab aus. Ein Teil der Bewerber nimmt an einer Gesprächsrunde teil, wo sich jeder vor der Gruppe vorstellt. Und wo Social Skills eine Rolle spielen. Praktikanten, die sich bewährt haben, bekommen natürlich größere Chancen. Allen, die in die engere Wahl kommen, wird eine Probearbeit im Team angeboten. Maier, die selbst eine Ausbildung zur Gestalterin für visuelles Marketing bei Stalf-Moden in der Kaufinger Straße absolviert hat: „Auch heute gestaltet jeder Azubi eigenverantwortlich ein komplettes Schaufenster vom Entwurf bis zur Realisierung. Wer zeichnen kann, reicht Skizzen ein. Manche arbeiten aber auch mit Photoshop. Die vier Hauptthemen im Jahr, welche sich durch das ganze Haus ziehen, werden natürlich als Teil des Gesamtkonzepts mit dem Einkauf auf Bereichsleiterebene abgestimmt.“ Komplexe Schreinerarbeiten, wie etwa die vorweihnachtliche Schlittenfahrt, werden von externen Dienstleistern erledigt. „Eine eigene Schreinerei oder Lackiererei, wie aus der Zeit, als Axel Wilde noch Schauwerbeleiter bei Ludwig Beck war, gibt es heute nicht mehr. Aber kleinere Sachen, wie die Recycling-Fahrradteile, setzen unsere Auszubildenden selbst in Szene“, erzählt Teamleiterin Kathrin Maier: “Daher sind uns handwerkliches Geschick, ein gutes Farbempfinden sowie Leidenschaft für Mode bei den Bewerbern besonders wichtig.“ Ausbildungsplätze im visuellen Marketing werden aktuell zum 01.09.2025 u. a. auch bei Oberpollinger München - The KaDeWe Group, Loden-Frey Verkaufshaus GmbH & Co.KG, Hirmer Gruppe München, Peek & Cloppenburg B.V. & Co. KG in Neuperlach, GALERIA S.à r.l. & Co. KG Filiale München am Marienplatz oder Rudolf Wöhrl SE angeboten. Zuletzt waren es in München siebenundzwanzig Auszubildende im ersten Jahr insgesamt. Das KaDeWe und Ludwig Beck gelten in der Branche als die "Top-Shops" für visuelles Marketing.
Azubis suchen Azubis: „Wir wollen auch 2023 zwanzig Auszubildende als Kaufleute im Einzelhandel und vier Handelsfachwirte mit Abitur ausbilden“, sagt Iulia Glagla: „Die Bewerberzahlen liegen irgendwo zwischen 700 und achthundert.“ Sie lacht: „Männer sind Mangelware.“ Von 10:00 bis 18:00 Uhr oder 12 – 20 Uhr läuft die Arbeitszeit und vor sechs kommst du nicht nachhause. Ein Samstag pro Monat ist frei, bei den Jugendlichen unter achtzehn sind es zwei. In der Kantine werden bis 18 Uhr drei bis vier Menüs und eine Salatbar angeboten. Und es gibt „Guidelines für den Mitarbeiterlook“ mit „Do’s and Don’ts“ – eine Kleiderordnung, die dem Kunden die Orientierung erleichtern soll: „An den verkaufsstarken Tagen Freitag und Sonnabend gilt für das gesamte Haus ein Farbcode: Schwarz und weiß.“ Darf ich bunte Socken tragen? „Nein, auch Schuhe und Accessoires sollen schwarz und weiß sein“, sagt der Gründer-Enkel von Rudolf Wöhrl, Christian Greiner, Vorstandsvorsitzender und einer der Hauptaktionäre des Unternehmens Ludwig Beck, das sich vom Knopfmacher und Posamenten-Meister 1861 zum Bayerischen Hoflieferanten entwickelte und heute auf sieben Etagen mit rund 12 Tsd. qm rund 400 Mitarbeiter beschäftigt.
Retail Design wird im deutschen Sprachraum nur an der Hochschule Düsseldorf als B.A. angeboten. Foto: Uwe Kästner
Ortswechsel: Die Hochschule Düsseldorf biete als einzige deutschsprachige Hochschule einen B.A. in Retail Design in ihrem Neubau in Düsseldorf – Derendorf mit 40 – 50 Plätzen zum Wintersemester an. „Kundenlaufstrukturen werden über Hitzekarten analysiert, die zeigen, wo sich viele (rot) oder eher wenige (blau) Kunden auf der Fläche aufhalten“, sagt der Gründungsvater des Studiengangs, Prof. Philipp Teufel. Wir befinden uns mit 42 Mädchen und 6 Jungs in der Vorlesung „Elements of Retail“ für das 4./ 6. Semester: „Regale, die links vom Kundenstrom liegen, werden sehr viel weniger beachtet, oft ignoriert, weil die meisten Kunden Rechtshänder sind. Auch Warenständer in Mittelgängen, die der Kunde eher zügig passiert, finden weniger Aufmerksamkeit. Einen Richtungswechsel will der Kunde unbedingt vermeiden, weshalb er ‚Sackgassen‘ meidet.“ Waren mit hohem Wiedererkennungswert werden daher in eher verkaufsschwachen Zonen platziert. Im Eingangsbereich soll der Kunde durch eher niedrige Regale den Laden überblicken können. Lebensmittelhändler bevorzugen im Eingangsbereich Bäckereien, die mit ihren Düften den Geruchssinn stimulieren und zur Ausschüttung von Hormonen und damit zu Hungergefühlen führen. Die Kopfseiten von Regalgondeln in der Kassenzone nimmt der Kunde in der Warteschlange besonders aufmerksam wahr.
Im Retail Design werden Waren im Schaufenster inszeniert - Hier: Projektarbeit an der Hochschule Düsseldorf im B.A. Retail Design. Foto: Uwe Kästner
„Im 1./2. Semester geht es nach dem Modulplan im Retail Design um Marketing, Handels-Strategien oder Business-Modelle zur Entwicklung von Geschäftsmodellen“, sagt Prof. Teufel: „Gestalterisch sind unsere Retail Designer mit den Kommunikations- und Industriedesignern eng vernetzt, wenn es um Übungen in Typografie, Illustration oder Fotodesign geht. Ab dem dritten Semester entwickelt sich das Ganze zu einem Projektstudium: Wir hatten z.B. Projekte wie ein Re-Branding für Douglas, den Schuhhandel der Zukunft, was wir auf der Schuhmesse präsentiert haben. Oder einen Pop-Up-Store, den wir für Esprit entworfen haben mit dem Ziel, den Jagdinstinkt des Kunden zu wecken. Dazu musste sich jeder eine Story als Geschäftsidee überlegen.“ Das 5. Semester sieht ein Praktikum oder einen Auslandsaufenthalt vor: „Wir haben bei der Mavis GmbH unser Praktikumssemester gemacht“, erzählt eine Studierende: „Das ist eine Agentur, die für mehrere Brand arbeitet. Außerdem haben wir die Visual Merchandising Messe EuroShop besucht, wo ich viele Job-Angebote bekommen habe.“ Rhino ist die Software, mit der im Retail Design Modellierungen für Renderings entwickelt werden.
… wir legen viel Wert auf die Präsentation und das Gespräch: Ist der Bewerber in der Lage, seine Ideen verbal gut zu beschreiben. Das ist uns wichtiger als die Mappe. Denn Zeichnen kann man im Studium lernen. Foto: Hochschule Düsseldorf mit freundlicher Genehmigung von Prof. Teufel
Auf die 40 – 50 Studienplätze kamen zuletzt 80 bis 160 Bewerber ( 1: 2,66). Nach der Anmeldung bis 01. Februar sind eine Hausaufgabe sowie eine Mappe mit 10 Arbeitsproben einzureichen, die in einem Kolloquium Ende März präsentiert werden. Themen waren: „Der Raum zwischen den Dingen“, „Grenzen und Übergänge“ oder „Daten und Sammler“, wo es um Datenmissbrauch ging.
„Wir legen viel Wert auf die Präsentation und das Gespräch: Ist der Bewerber in der Lage, seine Ideen verbal gut zu beschreiben“, sagt die neue Dekanin und Professorin für Retail Design, Sabine Krieg: „Das ist uns wichtiger als die Mappe. Denn Zeichnen kann man im Studium lernen.“ Außerdem ist ein Vorpraktikum Pflicht. Die Fachschaft Design bietet Mappenberatungs-Termine an. Jana (21) hat eine Mappenvorbereitung an der Ruhr-Akademie besucht: Auf precore.net betont sie: „Ganz wichtig bei Retail Design ist es auch, sich handwerklich mit dem Thema auseinander zu setzen. Das bedeutet, Modelle bauen! Am besten auch mehrere! Das verschafft euch bei der Prüfung einen enormen Vorteil. Hierbei spielt es auch keine Rolle, ob das Modell 100 % perfekt ist…“.
Wer sich für Retail Design interessiert, muss aber nicht unbedingt in Düsseldorf studieren: Vor zwanzig Jahren hat sich im Elisabethhof in Berlin-Kreuberg ein Architekturbüro auf Corporate Identity und Markenarchitektur als Kernkompetenz spezialisiert. Die Rede ist von Plajer & Franz Studio. Weltbekannte Retail-Brands, wie PUMA, Karl Lagerfeld, Levi’s, Timberland Europe oder s.Oliver sind die Klienten.
Plajer & Franz Studio im Elisabethhof in Berlin-Kreuzberg ist spezialisiert auf Corporate Identity: Weltbekannte Retail-Brands, wie PUMA, Karl Lagerfeld, Levi’s, Timberland Europe oder s.Oliver sind die Klienten. Foto: Uwe Kästner
Vor wenigen Jahren eröffnete die Sport- und Lifestyle Premiummarke PUMA ihre neue Filiale im japanischen Osaka: „Sowohl das Interior Design des Ladens, als auch die Architektur des Gebäudes haben wir regelrecht „pumarisiert“, lacht Werner Franz, Absolvent der TUM in Architektur. Freund und Geschäftspartner Alexaner Plajer, Absolvent der Hochschule München in Architektur, hatte er während eines Praktikums in New York kennen gelernt, wo später die Geschäftsidee entstand. Franz: „Es geht darum, für eine Marke wie PUMA mit ihrem lebensfrohen, frischen Spirit Räume zu schaffen, wo sie ihre Philosophie und ihre Werte rüberbringen kann. Mit dem Ziel, das Markenimage zu stärken.“ Bei dem neuen Premium-Store von PUMA haben Plajer & Franz nicht nur das Interieur, sondern auch das Konzept für das Design des Hochbaus entwickelt: Die gesamte Außenhülle des Hauses besteht aus einer leichten, netzartigen Konstruktion aus Metall, durch die genügendes Sonnenlicht ins Innere des Stores gelangt. Nachts scheint dann die energieeffiziente Innenbeleuchtung nach draußen und bietet Passanten einen Einblick ins Ladeninnere. Franz: „Sei es die CI-Farbe an der Fassade oder die PUMA-Katze, die als Symbol mehrmals prominent im Store auftaucht: Es geht immer darum, das Puma-„JOY“, also die Brand und ihre Charakteristika im Storedesign zu visualisieren.“
Vor wenigen Jahren eröffnete die Sport- und Lifestyle Premiummarke PUMA ihre neue Filiale im japanischen Osaka: „Sowohl das Interior Design des Ladens, als auch die Architektur des Gebäudes haben wir regelrecht „pumarisiert“, lacht Werner Franz, Absolvent der TUM in Architektur. Foto: Hiroyuki Orihara mit freundlicher Genehmigung von Werner Franz, Studio Plajer & Franz
Aus seinen Erfahrungen in den USA war Franz schon bald bewusst, dass Retail-Design in Deutschland eine absolute Marktlücke ist: „Das Produktdesign der Marke PUMA sucht neue Wege, mit dem Kunden zu flirten. Die Store-Inszenierung erzählt mit ihrem Lichtkonzept Geschichten mit Bühnenbildcharakter. Und wird so zum Einkaufserlebnis.“ Bei Plajer & Franz werden alle Projektphasen, vom ersten Konzept über das Design der DNA einer Marke bis zum Roll-out und der Bauüberwachung in-house in Berlin betreut. Einer der Hauptkonkurrenten: Die Mavis GmbH Düsseldorf. Franz: „Die Mode-Marken veranstalten Wettbewerbe und laden am Ende drei Architekturbüros zu einer Präsentation der Renderings ein. Manchmal mit großen Tafeln, meist jedoch mittels PowerPoint über Bildschirm.“ Dreidimensionale Modelle werden nicht gebaut. Es gibt jedoch eine enge Kooperation mit dem Ladenbauer. Beim Roll-out wird das fertige Konzept adaptiert, das heißt, bei den einzelnen Filialen wieder verwendet. Allein für PUMA haben Plajer & Franz rund siebzig Projekte betreut. Neben Osaka ging es um Stores u.a. in Berlin, London, Barcelona, Rom und Miami. Zur Inspiration gibt es bei Plajer & Franz einen eigenen Fundus mit Stoffproben und Materialboards. Und es werden Collagen entwickelt. Für die interdisziplinäre Arbeit werden immer wieder neue Teams aus etwa vierzig Innenarchitekten, Architekten, Grafikdesignern, Produktdesignern sowie 3D-Experten vom Technischen Produktdesign zusammengestellt. „Bei Kunden mit einer hohen Medienpräsenz, wie etwa Karl Lagerfeld oder aktuell Porsche Design geht es um keinen 9/5-Job. Wir können für die Arbeit ein schönes Ambiente bieten. Aber Idealismus gehört auch dazu“, sagt Architekt Werner Franz. Und er ergänzt: „Wir haben aber immer große Probleme, auf unsere Stellenausschreibung gute und junge Innenarchitekten oder Architekten mit Vorwissen im Interior-Design zu finden. Es ist schon eine enge Nische.“ Frage: Haben sie denn das Gefühl, durch ihr Architektur-Studium an der TU München gut auf die Anforderungen im Store-Design vorbereitet zu sein? „Nein, mit solchen Fragen haben wir uns im Studium überhaupt nicht beschäftigt.
Neben der betrieblichen Ausbildung und einem Studium bietet die private Berufsfachschule Akademie JAK in Hamburg eine schulische Ausbildung in Retail Design und Visual Merchandising für 550 EUR monatlich an.
Kann ich von dem Geld leben, das ich in diesem Beruf verdiene? Die Ausbildungsvergütung im Bayerischen Einzelhandel ist mit 960 EUR im ersten und 1.260 EUR im dritten Jahr vergleichsweise hoch. Nach einer Übernahme verdient ein Gestalter für visuelles Marketing nach dem Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern vom 22.10.21 ab Mai 2022 als Berufsanfänger in Beschäftigungsgruppe II EUR 2.051 brutto – also etwa 1.461 EUR netto - und nach fünf Jahren in Beschäftigungsgruppe III EUR 2.499, das sind nach den Tabellen von steuerklassen.com in Steuerklasse 1 ca. 1726 EUR netto. Wer nach der Ausbildung die Berufsoberschule mit Ziel Abitur besucht, hat Anspruch auf ein elterneinkommensunabhängiges BaföG von 661 EUR monatlich, das nicht zurück zu zahlen ist. Plus Freibetrag für Minijob von 520 EUR.
Ein Innenarchitekt – wie etwa bei Plajer & Franz oder der Mavis GmbH - kommt nach Berechnungen der Bundesarchitektenkammer auf durchschnittlich 4.540 EUR brutto; ein Architekt auf 4.900 EUR. (Hinweis: Diese Zahlen sollen orientieren – Ansprüche können daraus nicht abgeleitet werden.)
Im Retail Design werden Waren im Schaufenster inszeniert - Hier: Projektarbeit an der Hochschule Düsseldorf im B.A. Retail Design. Fotos: Uwe Kästner