Sportpsychologie – Unterstützung im Profigeschäft der Fußball-Bundesliga
Das Wichtigste in Kürze
Fußball ist Kopfsache - so Dr. Maximilian Pelka, Team-Psychologe des FC Bayern München bis 2023
Studienangebot in Halle (S), Berlin, Köln und Leipzig
Erfahrungen als Team-Psychologe für die Profis bei RB Leipzig
Im Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern Campus-Christian Luthardt berichtet
Handlungsschnelligkeit mit dem SoccerBot 360 trainieren
Psychologie studieren: München oder Salzburg?
„Fußball ist hundert Prozent Kopfsache“, betont Dr. Max Pelka, Team Psychologe des FC Bayern München bis zum Sommer 2023 . „Es geht im Profi-Fußball für die Spieler darum, alle Ressourcen abzurufen um im Spiel die Performance zu verbessern.“ So auch in dem aktuell ausgeschriebenen Stellenangebot des FC Augsburg. Doch das schnellste Tor einer EM-K.-o.-Runde schockt Österreich: 0:1 nach nur 57 Sekunden für die Türkei. Wie reagiert das Spiel auf solche speziellen Einflüsse – kippt es? Eine Blockade der Spieler kann die Konsequenz sein. Mit negativer Energie und einer Spirale nach unten.
Die BSP Business and Law School bietet in der historischen Siemens-Villa in Berlin-Lankwitz einen fußballorientierten Master in Sportpsychologie an Foto: Uwe Kästner
Das Vertrauen der Spieler zum Sportpsychologen entwickelt sich über eine längere Zeit durch gegenseitiges „Abtasten“. Max Pelka kam zusammen mit Julian Nagelsmann nach vier Jahren als Team Psychologe bei RB Leipzig nach München. Er lacht: „Erfolg als selbstverständliche Pflichterfüllung beim FC Bayern ist eine völlig andere Herausforderung, als den anderen genussvoll vom Thron zu stoßen.“ So oder so. Erfolgsdruck von allen Seiten ist im Leistungssport allgegenwärtig. Und seit Sebastian Deisler und Robert Enke weiß die Öffentlichkeit, dass dem nicht jeder gewachsen ist. In einem Beitrag des ZDF unter dem Titel: "Druck im Fußball - wenn die Psyche versagt", kommt u. a. Robin Gosens, Bachelor Absolvent in Psychologie und Spieler des 1. FC Union Berlin zu Wort: „Spieler sind Menschen mit Emotionen und keine Objekte“. Aber Sportpsychologe Max Pelka, schon morgens bei den medizinischen Sitzungen der Vereine dabei, betont auch: „Ich bin kein Psychotherapeut.“
Seine ersten Erfahrungen mit der Sportpsychologie sammelte Sascha Lense(48), Vorgänger von Max Pelka, als aktiver Spieler bei Dynamo Dresden: „Wir mussten das Buch 'Die Möwe Jonathan' lesen.“ Eine Erzählung über eine Möwe, die ehrgeizig nach Perfektion im Fliegen strebt und daher von den anderen Möwen ausgegrenzt wird. Kurz: Es geht um den Sinn des Lebens. Lense: „In der Kabine sollten wir alle unsere Ängste auf ein Blatt Papier schreiben. Später wurden die Zettel eingesammelt und vor der Mannschaft öffentlich verbrannt. Dann gings aufs Spielfeld und jeder musste von seiner Position aus sein Mantra aufsagen. Er schmunzelt: „Die Platzwarte fanden den Tag sehr lustig und schön.“ Seit seiner aktiven Zeit im Fußball in Dresden und Unterhaching und einem Psychologie-Studium ist Sascha Lense Sportpsychologe im Profi-Fußball: 2014/15 und 2018/19 in Dresden, 2015 – 2018 bei RB Leipzig, 2019 – 2021 bei Schalke 04, 2021/22 bei ManU und aktuell seit 2023 bei Sheffield, England. Er berichtet über seine Arbeit beim Tiroler Tag der Sportpsychologie.
Angewandte Sportpsychologie im Master an der Martin-Luther-Universität Halle (S) bei Prof. Dr. Stoll studieren - hier: Institut für Sportwissenschaft am Von-Seckendorff-Platz. Foto: Uwe Kästner
Zum Studium: Angewandte Sportpsychologie wird seit 2008 an der Martin-Luther-Universität Halle (S) für Psychologen und Sportwissenschaftler mit Bachelor-Abschluss angeboten – es ist der älteste Master in dieser Disziplin im deutschsprachigen Raum. Auf die zehn Plätze kamen zuletzt regelmäßig 80-100 Bewerber. Der schwächste im Nachrückverfahren – zuletzt auf Platz 24 - nachträglich noch zugelassene Kandidat kam im Ranking der Bachelor-Noten auf einen Schnitt zwischen 1,6 und 2,0. Das erste Semester startet mit einem Kompensationsmodul: Studierende mit einem B.Sc. in Psychologie wählen drei Vorlesungen aus der Sportwissenschaft: „Trainingswissenschaft“, „Sportmedizin“, Biomechanik & Motorik“ oder „Sportpädagogik & Sportsoziologie“. Von der Sportpsycholgischen Diagnostik mit Henning Thrien geht es im 1. Semester zu Sportpsychologischen Interventionen, wo auch Emotionen thematisiert werden. Fallbeispiel: Ein Schwimmer kann im Wettkampf seine (sehr guten) Trainingswerte nicht abrufen. Der Athlet berichtet, dass er sich selbst im Wettkampf großen Druck macht und Versagens-Gedanken entwickelt. Welche psychologischen Interventionen sind denkbar? Der Campus der Sport-Fakultät der MLU liegt 30 Minuten außerhalb der Innenstadt. Die Gebäude mit ihren vielen Klassenräumen sehen zwar aus wie eine Schule, dienten jedoch seit 1945 viele Jahrzehnte der Roten Armee als Kaserne. Zu den Chancen der 89 Absolventen, die seit dem Start des Studiengangs erfolgreich ihren Master in Halle (S) erworben haben, sagt Prof. Dr. Oliver Stoll: „Einige wenige in der Wissenschaft – national und international, aber der Großteil ist in der Anwendung tätig: Viele sind im professionellen Fußball gelandet, und hier vor allem in den Nachwuchsleistungszentren der ersten bis dritten Profi-Ligen. Spontan fallen mir Vereine, wie RB Leipzig, Mainz 05, HSV, Braunschweig, Jena oder Hallescher FC ein. Andere sind bei großen Sportartikelherstellern unterwegs. Nur wenige haben dem Sport den Rücken gekehrt.“ Stoll (60) hat Psychologie und Sportwissenschaft studiert. Er ist Präsident des Berufsverbands asp, der Arbeitsgemeinschaft Sportpsychologie in Deutschland, der den Studiengang akkreditiert hat. Und er betreibt in der Leipziger Jahn-Allee nahe der Sport-Fakultät eine eigene Sportpsychologische Beratungsstelle. Hier ein Video über Prof. Dr. Stoll.
Die Deutsche Sporthochschule Köln bietet den teilakkreditierten englischsprachigen M.Sc. Psychology in Sport and Exercise an, der wissenschaftlich ausgerichtet ist für eine spätere Arbeit an Instituten, Hochschulen oder Max-Planck-Instituten. Die Mehrzahl der Absolventen promoviert. Auf die 30 Plätze kamen zuletzt 95 Bewerber. Die Auswahl erfolgte nach Bachelor-Note, Vernetzung mit Vereinen im sportpsychologischen Kontext und dem Motivationsletter mit dem zulassungsrelevanten Ziel zu promovieren. Das Thema von Frau Dr. Jeannine Ohlerts Vorlesung lautet: „Nonverbal behaviors coded“. Ohlert: „Die Kommunikation in deutscher Sprache macht manche Dinge einfacher – da kann man mitunter besser diskutieren.“ Aber die Mehrzahl der überwiegend weiblichen Studierenden will auf Englisch diskutieren, was dann – wie in einem Sprachkurs für fortgeschrittene Anfänger - nicht so richtig in die Tiefe geht.
Die BSP Business and Law School Berlin betreibt in der historischen Siemens-Villa in Berlin Lankwitz ihren 4-semestrigen berufsbegleitenden M.Sc. in Sportpsychologie mit 24 Stunden Präsenzpflicht an vier Tagen/ Woche. Studiengangleiter Prof. Dr. Andreas Marlovits arbeitet im Profifußball, zuletzt bei Werder Bremen, 1. FC Köln, VfL Wolfsburg und Hannover 96. Marlovits hat in der Branche allerbeste Referenzen, seitdem er Hannover 96 nach dem Freitod von Robert Enke sowie auch den VfL Wolfsburg nach dem tödlichen Unfall von Junior Malanda psychologisch betreute: „Die erste Frage ist, wie setzt sich diese Krise zusammen und wo sind Ansatzpunkte, um einwirken zu können? Ganz anders Spielanalysen, wo ich niemanden befrage, sondern dem Verlauf des Spiels folge: Was hast du als Psychologe in der Komplexität sportlicher Wirklichkeit aus einer anderen Perspektive im Spiel erkannt?“ Kooperationspartner für die Studierenden der BSP sind der Basketballverein ALBA Berlin, 1. FC Union Berlin, Eintracht Braunschweig und andere. Die Veranstaltungsblöcke von Prof. Marlovits sind anwendungsorientiert und speziell auf die Fußball-Bundeliga zugeschnitten. Berufliche Perspektiven bestehen im Leistungssport im Coaching, im Krisenmanagement, im Mentoring, in der Spielanalyse und im Motivationstraining. Zugelassen werden Bachelor-Absolventen aus Psychologie oder Sportwissenschaft. Es besteht die Option, nach zwei zusätzlichen Semestern einen Doppelmaster in Sport- und Wirtschafts- oder Medienpsychologie zu erwerben. Die Studiengebühren liegen bei 590 EUR monatlich und können über den Bildungsfond Braincapital, der auch mit der European Flight Academy der Lufthansa kooperiert, vorfinanziert werden.
Außerdem bietet die Uni Leipzig einen neuen forschungsorientierten, teilakkreditierten, englischsprachigen M.Sc. in Sport Exercise and Psychology mit Doble Degree unter Leitung von Prof. Dr. Anne-Marie Elber an. Und das Innsbrucker Institut Center of Mental Excellence, das den Tiroler Tag der Sportpsychologie ausrichtet, bietet unter Leitung von Dr. Christopher Willis als Weiterbildung für Psychologen und Sportwissenschaftler die Modulserie „Sportpsychologisches Training und Coaching im Leistungssport” berufsbegleitend an. Dr. Ohlert von der Kölner SpoHo gehört zu den Absolventen. Aus beraterischer Sicht sei hier kurz angemerkt, dass zu den Kriterien für Qualität von Bildungsangeboten in der Sportpsychologie Präsenzlehrveranstaltungen mit sozialen Kontakten, die Vernetzung von Sport und Psychologie in den einzelnen Modulen und keine getrennte Vermittlung der beiden Inhalte sowie praktische Anwendungsmöglichkeiten der Lehrinhalte bei Kooperationspartnern aus dem Leistungssport gehören.
Zu den Aufgaben des Team Psychologen gehört es, den Spieler zu coachen, die Mannschaft, den Trainer, den Staff. Und die gesamte Diagnostik. Foto: Uwe Kästner Grafik: Sascha Lense.
2015, als RB Leipzig noch aus Salzburg geleitet wurde, rief Ralf Rangnick plötzlich bei Sascha Lense an. „Ich fragte mich: Wie überzeugst du einen Typen, der von sich glaubt, er sei für alles der Experte und kenne sich überall aus?“ Es gibt Trainer, die haben keinen Erfolg. Aber man will sie nicht entlassen. Der Manager schlägt einen Psychologen vor. Nun wird der Trainer bockig. Denn das bedeutet einen weiteren Kompetenzverlust. Lense: „Ich glaube aber, dass ich als Sportpsychologe auch bei Vorurteilen des Cheftrainers eine Chance habe.“ Vereine der ersten Bundesliga haben heute 4-5 Videoanalysten, 4-5 Physiotherapeuten, 2 Teamärzte sowie diverse Fachärzte, einen Zeugwart, für die Nutrition einen Ernährungscoach und einen 4-Sterne Koch. In der Summe 40 Leute als Stab für die Mannschaft. Lense: „Der Sportpsychologe hat null Chance auf eine One-Man-Show!“ Einer der Schlüsselmomente für Lense war samstags, am Spieltag: „Kreatives Denken war gefragt“, so Lense. Es ging um das Storytelling als psychologisches Drehbuch für die Spieleransprache in der Kabine. Um 10:00 Uhr steht als Aktivierung „Joggen mit dem Coach“ auf dem Stundenplan: Bei dieser Gelegenheit teilt Coach Rangnick seine Überlegungen dem Sportpsychologen mit: Es ist das letzte Spiel der Saison. Die Spieler erwarten in dieser Situation eine besondere Ansprache, wo es nicht nur um die Tabelle geht. Lense: „Bis 13:00 Uhr hast du in deinem Büro Zeit, dir Gedanken über einen Vorschlag zu machen.“ 13:45 Uhr beginnt die Sitzung mit dem Coach. Um 15:30 Uhr das Spiel: Und nach dem Spiel geht es noch ein bisschen weiter. „Beim Joggen hast du letzte Woche gewonnen. Aber wir müssen unbedingt aufsteigen. Wir haben in die Mannschaft richtig Geld reingepowert“, so Ralf Rangnick. „Unser Zweitliga-Kader ist fünfzig Mal so teuer, wie der der anderen. Also mach‘ bei der Ansprache zur Mannschaft was anderes. Langweilig soll es auch nicht werden.“ Klar, die Kabine soll kochen, denkt Lense. Soll ich vielleicht die Tore der Spieler zeigen? Die lieben das! Du weißt, dass du Operatoren hast, die du immer wieder neu zusammensetzt. Du hast noch drei Stunden Zeit. Aber irgendwann wirst du nervös. „Es gibt ein Musikvideo von der britischen Band Coldplay aus einem Open-Air-Konzert in Paris“, erzählt Sascha Lense. „Der Sänger Chris Martin singt seinen Hit „"Fix you" – mal schrill, mal sanft. In dem rappelvollen Stadion eine bunte Lasershow und ein tosendes Publikum. Das geht ab, wie Schmidts Katze! Es wirkt, wie die Nacht der Nächte.“ Popmusik statt einer Kabinenansprache? „Ich hatte das Vertrauen des Coachs und konnte machen, was ich wollte. Aber kann ich mit diesem Video motivieren?“ Vor dem Spiel ist die Motivation der Mannschaft nicht die einzige Aufgabe des Sportpsychologen. „Hast du gesehen, was der andere Trainer gesagt hat?“, fragt Rangnick. „Zur Vorbereitung der Pressekonferenz für den Trainer wurde das Lesen der Bild-Zeitung meine Motivation.“ Mittwochs steht für den Sportpsychologen um 13:00 Uhr Supervision im Nachwuchsleistungszentrum auf dem Stundenplan. Und donnerstags leichtes Training mit der Mannschaft: „Oft habe ich bei Spaß-Übungen den Hasen gemacht. Aber zu viel Spaß darf auch nicht sein – samstags müssen sie wieder mit dem Messer zwischen den Zähnen kämpfen“, Lense lacht. Am Morgen müssen alle Spieler zum täglichen „Daily Monitoring“ einchecken: Blut, Urin, Hormone, Gewicht, Müdigkeit, RPE's usw. Lense: „Als Psychologe war es meine Aufgabe, die Cortisol-Werte über den Speichel zu messen, um etwaigen Stress zu ermitteln. Mein Büro sah aus, wie ein Labor.“ Das Ziel: Den „Daily Readiness Score“ ermitteln, der aussagt, ob der Körper für ein Training mit hoher Intensität bereit oder durch Stress oder schlechten Schlaf eher erschöpft ist. „Für jede Phase des Trainings und für jede Phase des Spiels gibt es bestimmte to-do’s: Guck das mal an, Sascha. Und du denkst, morgen fliege ich auf, weil ich von nichts richtig Peil habe. Und du sagst zur Ehefrau: Lass das mal noch mit der neuen Küche. Und Rangnick schon wieder: Hast du mit dem mal gesprochen?“ Sascha Lense an die Studierenden im B.Sc. Psychologie: „Mein Tipp: Geht mal in die Vorlesung Trainingswissenschaft an der Sport-Fakultät. Es geht natürlich auch ohne. Muss aber nicht klappen.“ Zu den Aufgaben des Team Psychologen gehört es, den Spieler zu coachen, ebenso die gesamte Mannschaft, den Trainer, den Staff. Und die gesamte Diagnostik, vom Erholungs-Belastungs-Management über Leistungsdiagnostik bis zu HRV-Messungen, um mittels EKG die Anpassungsfähigkeit des Körpers auf Belastungen, wie z.B. Stress, darzustellen. Drei Kabinen stehen für solche Tests zur Verfügung. „Der Stress korreliert mit der Uhrzeit. Beispiel: Das Abendspiel um 21:00 Uhr – Stress pur!“ Wolfsburg hat eine eigene Yoga-Trainerin für Übungen vor dem Abendspiel. „Zehn Minuten vor dem Spiel bin ich mit meinen Röhrchen in die Kabine gegangen. Los‘ spuckt mal hier rein!“ Cortisol wird vom Körper freigesetzt. Lense. „Aber woher soll ich die Cortisol-Werte als Benchmark, als Vergleichswert, nehmen für Abende, an denen nicht gespielt wird?“ Nach dem Spiel folgt der Match-Report: Laufgeschwindigkeit, Passwege – die Werte von Kinexon werden ausgewertet und mit den Spielern besprochen.
„Marcel Sabitzer hatte null Bock auf Leipzig und die 2. Liga. Jeden Tag hatte er schlechte Laune. Und im November hatten wir noch kein einziges Wort gewechselt.“ Rangnick: „Du musst heute mit dem Sabi reden. Der beißt nicht! Heute müssen wir unbedingt gewinnen.“ Lense: „Manche Spieler gingen auf den Platz. Andere setzten sich auf die Bank. Ich habe mich wie ein Opfer auf die Bank zu dem übellaunigen Sabitzer geschlichen.“ S.: „Ja und…“. Lense: „Schon wichtig heute…“. S.: „Hm…“. Lense: „Siehst du die zwei Jungen auf dem Platz? Die haben Angst vor dir. Wie du mit den Augen rollst…“ Lense: „Ich dachte, so ein Ochs. Der hat einen schwierigen Charakter. Aber ein großer Kerl, der steht bestimmt auf Ehrlichkeit. Er will der Boss in der Mannschaft sein. Wenn der abends mit dir weggeht, machen das die anderen auch. Das ist der Game-Changer. Und die Speichel-Proben an spielfreien Abenden sind dann auch kein Problem mehr.“ Lense ergänzt: „Als Sportpsychologe musst du in Leipzig Billiard spielen können und ein Kumpel sein. Aber vor allem kneipenfest.
“Dienstag 08:15 Uhr Medizinisches Meeting, 09:30 Uhr Video-Spielanalyse, 10:30 Uhr Mannschaftstraining - Ein 8-Stunden-Tag ist das nicht!“, sagt Sportpsychologe Sascha Lense Foto: Uwe Kästner Grafik: Sascha Lense.
Christian Luthardt (42) ist seit 2017 als hauptamtlicher Sportpsychologe am FC Bayern Campus, dem Nachwuchsleistungszentrum an der Ingolstädter Straße, angestellt. Während seiner Studienzeit an der Uni Bamberg verbrachte er ein Erasmus-Auslandsjahr an der altehrwürdigen spanischen Universität Salamanca, wo er die Sportpsychologie für sich entdeckte. Bei einem Praktikum an der SpoHo in Köln versuchte man jedoch zu bremsen: Ein cooles Feld, aber du wirst damit kein Geld verdienen. Das nächste Praktikum führte ihn nach Sevilla, wo von der F-Jugend bis zu den Profis jedes Fußball-Team einen eigenen Sportpsychologen hat. Nachdem sich Felix Magath bei Schalke 04 weigerte, seinen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, ging er zu Bayer 04 Leverkusen, wo er zwei Jahre den Nachwuchs und weitere fünf Jahre die Profis in der 1. Bundesliga betreute: „Im Nachwuchs hast du als Sportpsychologe im Team eine sehr viel stärkere Meinung, als die einzelnen Trainer. Und wirst von ihnen als Bedrohung wahrgenommen.“ Christian Luthardt schmunzelt: „Ganz anders bei den Profis: Da kommt es allein darauf an, ob der Cheftrainer Bock auf die Zusammenarbeit mit dir hat.“ Prof. Dr. Stoll von der Martin-Luther-Universität Halle(S)ergänzt: „Diese fünf bis sechs Sportpsychologen, die sie da getroffen haben, gehören zu den führenden Köpfen im Berufsverband asp, Arbeitsgemeinschaft der Sportpsychologen Deutschlands.“
„Ich bin als Teil des Trainerteams in jeder Sitzung dabei“, so Dr. Maximilian Pelka, 2014 – 2017 Sportpsychologe bei Fortuna Düsseldorf, im Anschluss bis Sommer 2021 Team-Psychologe bei RB Leipzig und danach Team Psychologe beim FC Bayern München bis Sommer 2023. „Aber ich bin nicht der verlängerte Arm des Trainers. Für Gespräche mit den Spielern gilt die Schweigepflicht. Dass ich früher selbst Vereinsfußball gespielt habe, ist eine große Hilfe, um auf einer Ebene zu kommunizieren. Du weißt, was die Themen im Konstrukt Fußball sind. Und die Wellenlänge muss stimmen, sonst bist du nach zwei Wochen weg.“ Pelka weiter: „Ob du dabei der Kumpeltyp sein kannst, ist auch eine Altersfrage: Bei einer jungen Mannschaft auf jeden Fall. Leipzig hat ein Durchschnittsalter von dreiundzwanzig. Beim FC Bayern liegt der Schnitt dagegen bei 31Jahren.“ Hier ein Interview als Podcast mit Bayern – Team Psychologe Dr. Pelka über seine Arbeit, die Meinung von Sport Bild und ein anderes Medium.
Wie kann ich Interventionen schaffen? Es geht von der Videoanalyse über die Schlafforschung, Themen wie Stress, Ernährung sowie Leistungsprognosen bei Neuverpflichtungen – Stichwort Sebastian Deisler. Pelka hat mit seinem Leipziger Kollegen Henning Thrien und den Spielern einen sportbezogenen Leistungsmotivationstest, den SMT, durchgeführt und dabei herausgefunden, dass Torhüter und Verteidiger in ihren gewachsenen Einstellungen sehr viel gewissenhafter, als Stürmer sind. Spieler in der Sturmspitze haben dagegen nach den Testergebnissen extravertierte Eigenschaften und sind sehr viel kreativer. Max Pelka hatte in Leipzig insbesondere die Aufgabe, das kognitive Entscheiden der Spieler zu trainieren: Lange galten im Sport die Attribute Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Technik als entscheidende Merkmale, um Talente zu beurteilen. Heute kommt es jedoch im Spiel auf jede Zehntelsekunde an. Wie schnell kann ich Situationen wahrnehmen, um eine Entscheidungsfindung unter Druck oder ein dominantes Auge zu haben, aber trotzdem zu registrieren, was auf der anderen Seite passiert? Wie kann ich kognitive Flexibilität und Handlungsschnelligkeit trainieren? „Der SoccerBot360 ist ein kreisförmiges Spielfeld aus Kunstrasen mit einem Durchmesser von zehn Metern und einer Fläche von 80 Quadratmetern. Umgeben von Beamern und einer Highspeed-Kamera, die120 Bilder pro Sekunde für die Videoanalyse liefert“, so Max Pelka. Das kreisrunde Rondell setzt sich aus 32 Paneelen zusammen, auf die z.B. zehn Tore projiziert werden können, das heißt, die Wände, die das Spielfeld umschließen, sind die Projektionsfläche. Simuliert werden kann ein reales Fußballspiel mit anderen Spielern, aber auch abstrakte Grafiken, wie Kreise in unterschiedlichen Farben. In dem Fußball-Simulator soll der Spieler virtuelle Tore treffen. Pelka: „Zielorientiertes Handeln kann für das immer schneller werdende Spiel gesteuert werden, indem kognitive Abläufe, wie etwa Reaktionsfähigkeit oder Entscheidungskompetenz ganz gezielt trainiert werden.“ Im SoccerBot360 geht es beispielsweise darum, den Ball auf die offenen Tore zu spielen und die geschlossenen zu ignorieren, Dabei muss der Spieler in der 360° - Umgebung immer wieder den Blick vom Ball lösen. Beim Absolvieren individuell unterschiedlicher Aufgaben lernt der Spieler schnellere und bessere Entscheidungen im Spiel zu treffen. Aber auch verletzte Spieler können durch die Simulation lernen, sich während der Reha wieder ans Spieltempo zu gewöhnen. Detaillierte Auswertungen, wie etwa Pass-Genauigkeit machen die Technologie aber auch im Scouting wertvoll. Hier das Video. Beim FC Bayern arbeitete Pelka mit einer ähnlichen, aber sehr viel komplexeren und deutlich teureren digitalen Technologie: Dem skills.lab eines Herstellers aus Graz. Vereine, wie Borussia Dortmund oder Hoffenheim trainieren dagegen mit dem Footbonaut, entwickelt von einem Berliner Hersteller. Und der Sportpsychologe als Entwickler solcher Leistungsparcours.
Für ein Bachelor-Studium in Psychologie an der Münchner LMU wird ein sehr guter Abi-Schnitt und ein ausgezeichnetes Ergebnis aus dem Studieneignungstest BaPsy-DGPs der Deutschen Gesellschaft für Psychologie – Anmeldung bis 15.02.2025, Test 24./25.05.2025, Stadthalle Erding. Aktuell ist bis Mitte Juli jeden Jahres eine Online-Bewerbung für den Bachelor in Psychologie an der Paris Lodron Universität Salzburg möglich. Die rund 200 Studienplätze werden nach einem Ranking besetzt, das sich aus dem Abschneiden bei der Aufnahmeprüfung am Dienstag, 26. August 2025 ergibt. Grundlage der Prüfung ist u.a. ein Lernskript, zu dem Multiple- Choice-Fragen formuliert werden. Außerdem geht es um das Verstehen von methodischen Tabellen und Grafiken sowie um englisches Textverständnis. Etwa jeder Zweite besteht die Aufnahmeprüfung. Für einen Prüfungserfolg müssen etwa 50% der Fragen richtig gelöst werden. Das Studium beginnt am 01.10.2024 und ist für eine große Zahl an erfolgreichen Abschlussabsolventen von etwa 80% und nur wenige Studienabbrecher bekannt. Die Zahl der deutschen Studierenden liegt bei etwa 2/3. Eine Numerus-Clausus-Hürde gibt es nicht.
Die Paris Lodron Universität Salzburg PLUS bietet die Zulassung zu einem Bachelor of Science in Psychologie auf der Grundlage einer Aufnahmeprüfung an - einen NC gibt es nicht. Foto: PLUS - Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der PLUS
„Die meisten Menschen erleben im Verlauf ihres Lebens ein traumatisches Erlebnis: Gewalt, einen Unfall, Terror oder eine Naturkatastrophe. Doch nur die wenigsten entwickeln daraus eine Posttraumatische Belastungsstörung.“ Univ.-Prof. Dr. Frank Wilhelm versucht den Studierenden des 2. Semesters den Begriff „Konditionierung“ näher zu bringen: Der Afghanistan-Heimkehrer, der auf dem Schützenfest beim Anblick eines Gewehrs zu zittern beginnt. Die schwarze Mütze in der Fußgängerzone als furchtauslösender Stimulus, der völlig unbewusst den Gedanken an den nächtlichen Wohnungseinbruch lebendig werden lässt. Wilhelm: „Eine gewisse Löschungsresistenz auf Reize, die mit den Traumata assoziiert werden, sind Ergebnisse des subjektiven Erlebens der Hilflosigkeit. Und spiegeln letztlich den Verlauf der Störung wider.“ Prof. Wilhelm studierte in Marburg, schloss 1996 seine Promotion mit Summa cum laude ab und betreute als Postdoc in Stanford/ Harvard mehrere klinische Studien. Seit 2010 lehrt er an der Universität Salzburg Klinische Psychologie. Er hat herausgefunden, dass das ausgeschüttete Hormon Cortisol bei Stress für die Einspeicherung vieler Details ins Langzeitgedächtnis verantwortlich ist.
Audimax der Fakultät NAWI der Paris-Lodron-Universität Salzburg, wo Klinische Psychologie mit Prof. Dr. Wilhelm gelehrt wird. Foto: Uwe Kästner
Ortswechsel zum Unipark Nonntal der Universität Salzburg, nahe der Altstadt: In Wirtschaftspsycholgie geht es um Kaufentscheidungen, Werbewirkungsmodelle und Markenstrategien:
- Marken geben dem Verbraucher ein bestimmtes Image: Just Do It – Nike: Der sportliche Typ
- …machen ein bestimmtes Versprechen: Persil – Entdecken sie die strahlende Reinheit!
- …verleihen ihm ein Statussymbol: Apple’s iPhone 11 ist in der Öffentlichkeit eine Aufwertung des „Ich“
Die Münchnerin, Univ.-Prof. Dr. Eva Traut-Mattausch hat nach ihrem Betriebswirt (VWA) an der LMU bis 2001 Psychologie studiert. Sie hat ebenfalls an der LMU bei Prof. Dr. Frey promoviert und sich für Psychologie habilitiert. Seit 2009 lehrt sie an der Uni Salzburg in Wirtschaftspsychologie und war zuletzt Vizedekanin. „Je besser die Passung der Marke zum Selbst ist, um so positiver entwickelt sich meine Einstellung zur Marke bis hin zur Identifizierung mit ihr. Die Marke wird damit ein Teil von mir selbst“, so Traut-Mattausch: „Der Wert des bloßen Produkts wird deutlich erhöht.“ Und weil es Hauptaufgabe der Marke ist, eine derartige Verbindung zu schaffen und zu pflegen, darf ihr Logo – wenn überhaupt – nur geringfügig verändert werden. Gerade Konsumenten mit geringer Expertise müssen auf Gütesiegel, wie Markennamen, Herkunftsbezeichnung („Made in Germany“) oder Kunden-Rezensionen (z.B. Amazon) vertrauen. Traut-Mattausch: „Um den subjektiven Nutzen des Einzelnen noch besser anzusprechen, kennt die Markenarchitektur unterschiedliche Strategien:
- Eine Marke, wie Nutella oder Mon Chéri, deren Markenkern stark durch das Geschmackserlebnis geprägt ist, lässt sich nicht auf andere Produkte, wie Pasta oder Pizza ausweiten. Daher ist bei Nutella die Einzelmarkenstrategie erfolgreich.
- Bei Personen, die mit Symbolen einen hohen Status präsentieren wollen, ist es unerheblich, ob sie das mit der Sonnenbrille von Porsche Design oder dem Sportwagen 911 tun. Die Dachmarke symbolisiert Luxus.
- Werden Konsumgüter einer Produktlinie, wie L’Oréal, die sich gegenseitig ergänzen, als Gel, Deo oder Creme völlig unterschiedlich genutzt, ist die Markenfamilie strategisch sinnvoll.“
Entwicklungspsychologie liest der Österreicher Prof. Dr. Florian Hutzler, 2008/09 Gastprofessor an der Münchner LMU. Prof. Dr. Günter Amesbeger und Prof. Dr. Thomas Finkenzeller lehren Sportpsychologie.
Fakultät NAWI der Paris-Lodron-Universität Salzburg. Foto: Uwe Kästner